No #5 „Augen lesen“
Illustration Challenge! – 1 Artikel pro Woche
Diese Woche geht es um ein leidiges Thema, was eigentlich kaum noch jemand hören kann: die Masken. FFP2, OP oder, wie zu Anfang, selbst genäht ist hierbei egal, denn es geht in dem Artikel um das, was sie verdecken und was sie sichtbar lassen.
Ich selbst empfand es noch nie als besonders störend eine Maske zu tragen, nur aktuell bei der Hitze mit dicker FFP2 Maske eine Treppe zu steigen, oder geschwitzt irgendwo anzukommen und sie dann aufzuziehen, darauf könnte ich natürlich getrost verzichten.
Viele Beschwerden der Träger beziehen sich auf die Tatsache, dass man sich schlechter verständigen kann. Das ist natürlich besonders für Hörgeschädigte und bei der Kommunikation mit Gebärdensprache, bei beiden wird das Mundbild benötigt, deutlich erschwert. Aber auch in der Gesamtbevölkerung verändert das Tragen der Maske unsere Kommunikation. Denn der Westen schaut, im Gegensatz zu Asien, beim Sprechen sehr stark auf das Mundbild. Kommunikationsforscher haben das schon lange vor Corona in Studien untersucht. Auch ich habe mich schon öfter gefragt, warum es für Menschen in China kein Problem zu sein scheint, sich schon seit vielen Jahren im Smog der Megacities mit den Masken zu verständigen, aber wir uns offenbar so viel schwerer damit tun. Und tatsächlich gibt es dafür sehr interessante kulturelle Gründe. Während unsere Mimik sehr offen ist und wir viel stärker den Mund einbeziehen – beispielsweise hin und wieder ein falsches Lächeln nutzen, um Groll oder Anspannung zu vertuschen, gehen andere Kulturen in die genau entgegen gesetzte Richtung. In Japan beispielsweise ist man durch soziale Gepflogenheiten und Höflichkeit stets bemüht die eigenen Gefühle eher zu verbergen. Da die Mundmuskulatur leichter zu kontrollieren ist, als die Augenpartie, geraten die Augen in den Fokus der Aufmerksamkeit, um sein Gegenüber dennoch durchschauen zu können. Der Rest des Gesichtes wird dabei viel unwichtiger.
Generell würde ich sagen, kann ich Menschen im Gesamten auch mit Maske gut einschätzen. Im direkten Dialog gehen mir sicher manche Nuancen verloren und es kommt auch mal zu Missverständnissen, besonders mit Menschen die man nicht gut kennt oder wenn noch eine Sprachbarriere dazu kommt. Aber vielleicht ist das gar nicht häufiger als vorher. Was ich mich aber manchmal frage, wird diese Änderung einen langfristigen Effekt haben? Ich selbst merke an mir, dass ich viel stärker, auch ohne Masken, auf die Augen der Menschen achte.
Die Masken sind aktuell nicht mehr flächendeckend, sondern nur noch im Nahverkehr und im medizinischen Bereich in großem Stil in Gebrauch. Dadurch ist eine besondere Corona-Situation nicht mehr so häufig: Das Treffen von Personen, die man mit Maske kennen gelernt hat, und die man anschließend auf der Straße, ohne ihre Maske, nicht wiedererkennt, oder sie nur an Frisur oder Kleidungsmerkmalen eindeutig zuordnen kann. Ohne den unteren Teil des Gesichts: Nase, Mund, Kiefer lernt man Personen ganz neu kennen, wenn diese Informationen plötzlich dazu kommen. Das fand ich mitunter sehr spannend, vor allem wenn sich dabei schlagartig Sympathien geändert haben. Ob der Einfluss auf die Kommunikation genauso groß ist, ist wahrscheinlich sehr individuell verschieden. Das behalten wir mal im Hinterkopf bevor wir eventuell sehr bald im Herbst wieder mehr Maske tragen werden.
Bis nächste Woche!
Dieser Artikel war der, nach dem ich die Zeichnungs-Idee hatte. Dieser ist kostenpflichtig. Im folgenden gibt es noch weitere zum Thema, auch ältere, die eher am Anfang der Pandemie 2020 erschienen sind: